Ingenheim: Ein Herzenssache-Haus für Kinder suchtkranker Eltern

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Kindern suchtkranker Eltern sieht man nicht an, was sie durchmachen. Sie leiden still vor sich hin, während sie nach außen eher stark wirken. Herzenssache hilft mit einem Kinderhaus.

neue Familie mit Anna (Foto: SWR)

2017: Dass die zehnjährige Anna  wieder so fröhlich mit ihren Eltern lachen kann war lange nicht selbstverständlich. Ihre Eltern sind seit Jahren suchtkrank. Ihrer Mama ist es zwar gelungen, clean zu bleiben, während sie mit ihrem Bruder schwanger war. Doch danach wurde sie wieder rückfällig. Die Stimmung in der Familie war sehr belastet, die Eltern stritten sich oft. Bei Anna hinterließ das Spuren: Es fällt ihr schwer, sich an Regeln zu halten und mit anderen Kindern auszukommen.
Annas Eltern erkennen, dass sie grundlegend etwas ändern müssen und wollen mit professioneller Hilfe lernen, abstinent zu bleiben. Nach der Entgiftung bekommen sie ungewöhnlich schnell einen Platz in der Rehaklinik Villa Maria. Während Baby Hektor sich schnell einlebt, werden Annas Schwierigkeiten auch hier offensichtlich. In der Schule braucht sie eine Integrationshelferin, auch im Zusammensein mit den anderen Kindern im Kinderhaus knirscht es zunächst. Schließlich hat sie über Jahre gelernt, dass sie vor allem durch ihr provozierendes Verhalten Aufmerksamkeit und Zuwendung erhält. Aber in der Schulkindergruppe gelingt es ihr schon ganz gut, sich zu integrieren und an die Regeln zu halten.

Hilfsprojekt Ingenheim Familie (Foto: Herzenssache)

2019: Annas und Hektors Eltern haben den Schritt in ein drogenfreies Leben geschafft – nach gut zehn Monaten in der Ludwigsmühle leben sie ein ganz normales Leben. Der Papa geht arbeiten, die Mama kümmert sich um die beiden Kinder. Anna ist jetzt zwölf und geht in eine Förderschule. Dort braucht sie keine Schulbegleitung mehr. Und auch die sozialpädagogische Familienhilfe wurde aufgrund der guten Prognose schon vor über einem Jahr eingestellt. Die Familie blickt optimistisch in die Zukunft und dankbar auf die Zeit in der Ludwigsmühle zurück. "Die Zeit in der Villa hat uns sehr viel gebracht und sehr für unser heutiges Leben gestärkt", sagen die Eltern heute.

Probeweise zusammen leben - unter Aufsicht

2017: Die Villa Maria ist bundesweit einzigartig: Hier werden nach dem Entzug sowohl die ehemals drogenabhängigen Eltern als auch die Kinder aufgenommen. Nicht nur die Eltern, auch die Kinder brauchen Hilfe, denn ein Drittel der Kinder drogenabhängiger Eltern wird später selbst abhängig, ein Drittel trägt psychische Schäden davon. In der Villa Maria finden die stationäre Reha der Eltern und das begleitete Zusammenleben als Familie finden gleichzeitig statt.
Es gibt aber in der Villa Maria nur 14 Plätze für Kinder und 18 für Erwachsene. Das vorhandene Kinderhaus ist renovierungsbedürftig und viel zu klein. Vor allem Familien mit Babies und Kleinkindern warten viel zu lange auf einen Platz.
Der laufende Betrieb der Klinik ist über Tagessätze abgesichert, für das Bauvorhaben gibt es aber keine öffentliche Förderung durch die Versicherungsträger. Deshalb übernimmt Herzenssache gut die Hälfte der Bau- und Umbaukosten.

2019: Der Rohbau für das neue Herzenssache-Kinderhaus, das die Kapazitäten auf bis zu 23 Kinder erweitern wird, steht bereits. Doch der Bau wird fast 30% teurer als ursprünglich geplant. Dazu beigetragen haben unter anderem Brandschutzauflagen und gestiegene Baupreise. Damit das Kinderhaus wie geplant 2020 eröffnet werden kann, erhöht Herzenssache die Fördersumme von 400.000 auf eine halbe Million Euro.

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Herzenssache